Infos: Geflüchtete als Erntehelfer_innen

Die Bundesregierung hat das Gesetz zur Verlängerung von geringfügiger Beschäftigung auf bis zu vier Monate im Jahr verlängert. Nachdem der Bundesrat den Beschluss der Bundesregierung am 7. Mai gebilligt hat, ist diese Ausnahmeregelung nun bis 31.10.2021 gültig.
Die Regelung hat zur Folge, dass Saisonarbeiter_innen (v.a. in der Ernte) ausnahmsweise bis zu 102 Arbeitstage sozialversicherungsfrei beschäftigt werden können. Die Bundesregierung begründet diese Ausnahmeregelung damit, dass auf Grund der Corona-Pandemie die „Fluktuation ausländischer Saisonarbeitskräfte“ geringer ist. Weitere Infos siehe hier.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen hatte sich zur Frage der Beschäftigung Geflüchteter als Erntehelfer_innen in einer Pressemitteilung vom 28.03.2020 geäußert.

Hinweise zur Art der Beschäftigung:
Nachfolgend einige Hinweise und Info bzgl. des Einsatzes von Geflüchteten als Erntehelfer_innen:
Der Einsatz als Erntehelfer_in/Saisonarbeiter_in geschieht i.d.R. auf Basis einer sog. „geringfügigen Beschäftigung“ (nach § 8 SGB IV), die bei Saisonarbeit ausnahmsweise komprimiert als Ganztagsarbeit ausgeführt werden darf.

  • Bisher konnten das 70 Arbeitstage innerhalb eine Jahres sein, nun soll das für 115 Arbeitstage innerhalb eine Jahres möglich sein. Diese Regelung gilt bis zum 31.10.2020. Dies lässt eine Änderung in § 115 SGB IV zu.
  • Diese Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei, wenn sie NICHT „berufsmäßig“ ausgeübt wird
  • Es gilt der gesetzliche Mindestlohn von 9,35 Euro.
  • Einkünfte aus einer Nebentätigkeit werden bis zur vollen Höhe des Nettoeinkommen aus der eigentlichen Beschäftigung nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Berufsmäßig ist eine Beschäftigung dann NICHT, wenn sie von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Wenn das Arbeitsentgelt 450,- im Monat übersteigt, ist die Berufsmäßigkeit zu prüfen. Der Arbeitgeber muss die Berufsmäßigkeit prüfen, siehe die Hinweise der Mini-Job-Zentrale.

Für den Zeitraum vom 1. März 2020 bis 31. Oktober 2020 darf die Einkommensgrenze von 450,- pro Monat fünf Mal innerhalb eines Jahres überschritten werden (bisher und nach dem 31.10.2020 darf das nur in drei Monaten innerhalb eines Jahres geschehen).

Wer also über 115 Tage als Erntehelfer_in tätig ist, übt die Beschäftigung regelmäßig „berufsmäßig“ aus. In diesen Fällen sind Beiträge an die Sozialversicherung zu zahlen. Geflüchtete, die aus der Arbeitslosigkeit kommen, werden absehbar i.d.R. im Rahmen einer Tätigkeit als Erntehelfer_in oftmals das Kriterium der Berufsmäßigkeit erfüllen.

Die neuen Regelungen, die mit der Gesetzesänderung herbeigeführt worden sind, gelten nicht nur für den Einsatz als Erntehelfer_innen, sondern auch für andere „geringfügige Beschäftigungen“.

Weitere umfangreiche Informationen zur „geringfügigen Beschäftigung“ finden sich auf der Seite der Minijob-Zentrale.

Infos zu den Beschlüssen der Bundesregierung sind u.a. auf der Seite des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu finden:
https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2020/054-coronapaket-der-bundesregierung.html

Agrar-Jobbörse:
Geflüchtete, die als Erntehelfer_innen arbeiten wollen, können auf dieser Seite eine Beschäftigung suchen:
Agrar-Jobbörse: https://www.agrarjobboerse.de/boerse/stellenangebote?bkz=511

Auf der Agrar-Jobbörse können Betriebe, die Erntehelfer_innen suchen, nach Ort/Region gesucht werden. Dort geben Landwirt_innen Stellengesuche ein. Wer dort arbeiten will, soll sich i.d.R. direkt an den Betrieb wenden. Hier ist es in manchen Fällen vielleicht sinnvoll, wenn Geflüchtete durch Berater_innen oder Ehrenamtliche dabei Unterstützung erhalten.
Es gibt bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen regional zuständige Willkommenlotsinnen, die dabei ebenfalls unterstützen. Deren Kontakte sind hier zu finden.

Hinweise der ZBS AuF II zum Thema Geflüchtete als Erntehelfer_innen:
Im Newsletter der_ZBS AuF II_vom_27-04-202 werden arbeits- und aufenthaltsrechtliche Aspekte, die bei den Beschäftigungsverhältnissen für Geflüchtete wichtig sind, erläuert.

Mobilität/Fahrt zum Arbeitsort:
Ein Problem wird in der Praxis der Weg zum Arbeitsort darstellen. Geflüchtete sollten sich darauf einstellen, dass sie nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Arbeitsorten, also zumeist den Feldern oder dem Bauernhof, kommen.
Ein Fahrrad oder gar ein Auto wird also oftmals zwingende Voraussetzung sein, um in der Landwirtschaft arbeiten zu können.
Einige Landwirt_innen organisieren mittlerweile auch Fahrdienste.
Auch das Wohnen in Unterkünften (die i.d.R. für die Saisonarbeiter_innen schon bereitstehen) auf den Bauernhöfen stellt eine Option dar.
Bei all dem sind selbstverständlich die Corona-Schutzmaßnahmen zu beachten!

Hinweise zu Arbeitsschutz:
Der Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus muss selbstverständlich auch bei der Arbeit als Erntehelfer_in im Vordergrund stehen.

Es gibt dazu Hinweise (u.a. auf Bulgarisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch) auf der Seite der niedersächsischen Landwirtschaftskammer, siehe hier:
https://www.lwk-niedersachsen.de/index.cfm/portal/6/nav/1839/article/35277.html

Weitere Hinweise zu Arbeitsschutz und zu Arbeitsrecht in verschiedenen Sprachen sind auch auf der Webseite von AZF3 zusammengestellt:
https://azf3.de/corona-pandemie-informationen-zum-arbeitsrecht/

Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums zu Sammelunterkünften vom 20.03.2020 mit besonderen Hinweis für die Unterbringung zu gewerblichen Zwecken.
Das Innenministerium verfügt Mindeststandards, die bei der Unterbringung u.a. von Erntehelfer_innen und Werksvertragsabeiternehmer_innen zu berücksichtigen sind.

Beschäftigungserlaubnis:
Wer ein Beschäftigungsverbot hat oder nur mit vorheriger Erlaubnis durch die Ausländerbehörde arbeiten darf (der Eintrag in der Aufenthaltsgestattung oder in der Duldung lautet dann ungefähr: „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ bzw.: „Selbstständige Tätigkeit(en) nicht gestattet (§ 21 AufenthG), Beschäftigung nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde gestattet“), sollte mit seiner/ihrer zuständigen Ausländerbehörde Kontakt aufnehmen, um kurzfristig die Beschäftigungserlaubnis für die Erntearbeit zu erhalten.
Beschäftigungsverbote sind jetzt i.d.R. nicht mehr zulässig, wenn sie auf Grund des Vorwurfs, dass die Abschiebung durch eigenes Verhalten ursächlich verhindert wird, ergangen sind. Da wegen des Corona-Virus derzeit praktisch i.d.R. nicht abgeschoben werden kann, ist eine evtl. Nichtmitwirkung nicht ursächlich dafür, dass eine Abschiebung nicht durchgeführt werden kann.

Bundesagentur für Arbeit (BA) erteilt Globalzustimmung:
Mit der Globalzustimmung der BA vom 02.04.2020 entfällt das Zustimmungsverfahren für Beschäftigungen als Erntehelfer_innen.
Weitere Infos siehe hier.

Das Land hilft: Informationen des Bundeslandwirtschaftsministeriums zum Ernteeinsatz:
Das Bundesministerium für Ernähung und Landwirtschaft hat eine Webseite zum Thema Erntehelfer_innen erstellt für Menschen, die Interesse haben, als Erntehelfer_innen zu arbeiten.
www.daslandhilft.de

Einsatz sozialer Dienstleister in der Corona-Krise:
Seit dem 28. März 2020 ist das Sozialdienstleistereinsatzgesetz (siehe Gesetzestext hier sowie PM des BMAS hier) in Kraft, dass regelt, dass Soziale Dienste ihre Arbeit zur Bewältigung der Corona-Krise einbringen und diese auch bezahlt bekommen können. Sozialdienstleister können auf dieser Grundlage z.B. auch tätig werden, um bei der Vermittlung von Geflüchteten als Erntehelfer_innen zu helfen und Strukturen aufzubauen, die mögliche Hürden überwinden helfen, wie z.B. bei der Beschaffung der nötigen Beschäftigungserlaubnis und der Organisation der Arbeitswege oder Bereitstellung der Unterkunft. Auch die mehrsprachige Informationsweitergabe zu (Arbeits-)Schutzmaßnahmen und Arbeitsrechten sowie insbesondere zu beachtende Schutzmaßnahmen gegen eine Corona-Infektion können dazu gehören.