Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Leistungskürzungen in § 1a AsylbLG

Das Landessozialgericht  (LSG) Niedersachsen- Bremen hat in einem Prozesskostenhilfeverfahren (Beschluss vom 04.12.2019 –  L 8 AY 36/19 BER) deutliche Zweifel daran erkennen lassen, dass die verschiedenen Anspruchseinschränkungen nach § 1a AsyIbLG mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu vereinbaren sind und zunächst Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Regelung zu Leistungsreduzierungen in § 1a AsylbLG, die durch das Migrationspaket noch ausgeweitet wurden, sieht Kürzungen u.a. vor, wenn wegen fehlender Mitwirkung bei der Passbeschaffung keine Abschiebung möglich ist oder jemand nur wegen des Bezugs von Leistungen nach dem AsylbLG eingereist ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat vor Kurzem entschieden (Urteil vom  05.11.2019 – 1 BvL 7/16), dass die JobCenter den SGB II – Regelsatz bei Pflichtverstößen jedenfalls nicht um  mehr als um 30 % kürzen dürfen. Unter Bezugnahme auch auf diese Entscheidung hat das LSG verschiedene Gründe genannt, aus denen die Regelung in § 1a AsylbLG verfassungswidrig sein könnten.

Dabei geht es vor allem darum, ob die Leistungskürzungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen, ob die Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Sanktionen ausreichend belegt sind und ob die Durchsetzung von aufenthaltsrechtlichen Mitwirkungspflichten, der die Leistungskürzungen dienen sollen, ein legitimes Ziel ist.
Außerdem könnten die Leistungskürzungen nicht mit dem Schutz der Familie aus Art. 6 GG oder dem Schutz der Gesundheit nach Art. 2 Abs. 2 GG zu vereinbaren sein.
Besondere Zweifel bestehen an der Verhältnismäßigkeit einer dauerhaften Leistungskürzung wegen der Einreise zum Zwecke des Leistungsbezugs, weil es sich dabei nicht um eine verhaltensbedingte Leistungseinschränkung handelt; eine bei der Einreise bestehende Absicht ist später nicht mehr änderbar.

Zu diesen Fragen wird sich das LSG ggf. noch in einem Urteil ausführlicher äußern.

Daher ist zu prüfen, ob gegen Bescheid, in denen die Leistungen nach § 1a AsylbLG gekürzt werden, Rechtmittel eingelegt werden sollte.

Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 04.12.2019