Der Aufenthalt für EU-Bürger und ihre Familienangehörigen

Familienangehörigen ist grundlegend anders geregelt als das Aufenthaltsrecht für Drittstaatsangehörige: Während für letztere das Aufenthaltsgesetz die relevante Rechtsgrundlage darstellt, regelt für EU-Bürger und ihre Familienangehörigen grundsätzlich das Freizügigkeitsgesetz / EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt. Obwohl das FreizügG nur aus wenigen Paragrafen besteht – exakt 17, im Gegen-satz zum Aufenthaltsgesetz mit über 100 –, ist dessen Anwendung in der Praxis keineswegs unkompliziert.

Für EU-Bürger und ihre Familienangehörigen sieht das Freizügigkeitsgesetz ein Aufenthaltsrecht in Deutschland in folgenden Fällen vor:

  • Unionsbürger und ihre Familienangehörigen verfügen über ein dreimonatiges, voraussetzungsloses Aufenthaltsrecht.
  • Bei einem Aufenthalt von mehr als drei Monaten sind Unionsbürger und ihre Familienangehörigen u. a. freizügigkeitsberechtigt als Arbeitsuchende, beruflich Auszubildende, Arbeitnehmer (etwa mit einem Minijob), Selbstständige, Nicht-Erwerbstätige (z. B. Studierende, Rentner, usw. sofern aus-reichende Existenzmittel vorhanden sind), als Familienangehörige.
  • Nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht das Recht auf Daueraufenthalt unabhängig vom Vorliegen der bisherigen Freizügigkeitsvoraussetzungen.

EU-Bürger aus den alten EU-Staaten

Grundsätzlich sind Unionsbürger und ihre Familienangehörigen frei auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Dies gilt für

  • Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Irland, Großbritannien, Griechen-land, Portugal, Spanien, Österreich, Schweden, Finnland.
  • gilt auch für Malta und Zypern sowie die Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island.
  • Es bestehen keine Einschränkungen beim Arbeitsmarktzugang, eine Arbeitserlaubnis muss nicht beantragt werden.
  • Für die Erwerbstätigkeit als Selbstständiger in Deutschland bestehen keine ausländerrecht-lichen Einschränkungen.

EU-Bürger aus den neuen EU-Staaten

Einschränkungen bestehen jedoch für Angehörige der „neuen“ osteuropäischen EU-Staaten: Diese unterliegen in Deutschland – anders als in den meisten anderen EU-Staaten – für einen begrenzten Zeitraum der so genannten Vorrangprüfung. Das bedeutet, ein konkretes Arbeitsplatzangebot darf nur angenommen werden, wenn die Agentur für Arbeit der Erteilung einer Arbeitserlaubnis-EU zugestimmt hat, weil für den konkreten Arbeitsplatz keine bevorrechtigten Bewerber zur Verfügung stehen. Ins-besondere für niedrig qualifizierte Arbeitsuchende bedeutet dies oftmals einen faktischen Ausschluss vom deutschen Arbeitsmarkt.

Die Einschränkungen gelten für Staatsangehörige aus

  • Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Tschechien, Ungarn, Slowenien; nachrangiger Zugang gilt nur bis 30.4.2011
  • Bulgarien, Rumänien; nachrangiger Zugang gilt nur bis 31.12.2013
  • Für eine Beschäftigung muss eine Arbeitserlaubnis-EU bei der Agentur für Arbeit beantragt werden; eine Arbeitsmarktprüfung wird durchgeführt.
  • Für die Erwerbstätigkeit als Selbstständiger in Deutschland bestehen keine ausländerrecht-lichen Einschränkungen.

Allerdings bestehen für die neuen EU-Bürger zahlreiche Ausnahmen vom nachrangigen Arbeitsmarktzugang.

In folgenden Fällen besteht auch für neue EU-Bürger ein Zugang zum Arbeitsmarkt ohne Arbeitsmarktprüfung

  • Nach einem Jahr Arbeitsmarktzulassung in Deutschland. Danach erhalten die neuen EU-Bürger eine unbeschränkte „Arbeitsberechtigung EU“.
  • Familienangehörige von EU-Bürgern, die ein Freizügigkeitsrecht als Selbstständige oder Nicht-Erwerbstätige besitzen.
  • Familienangehörige von EU-Bürgern, die eine Arbeitsberechtigung-EU besitzen,
  • Familienangehörige von EU-Bürgern mit Daueraufenthaltsrecht.
  • Fachkräfte mit einem Hochschulabschluss oder einer vergleichbaren Qualifikation für eine der Quali-fikation entsprechenden Beschäftigung.
  • Nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland.
  • Für eine betriebliche Ausbildung, wenn sie minderjährig eingereist sind.
  • Für jede Beschäftigung, wenn sie minderjährig eingereist sind und einen Schulabschluss oder eine berufsvorbereitende Maßnahme in Deutschland absolviert haben.
  • Auszubildende aus den neuen EU-Mitgliedstaaten mit anerkanntem deutschen Schul-abschluss.
  • Familienangehörige von Deutschen, auch wenn (noch) keine Freizügigkeitsbescheinigung oder Aufent-haltserlaubnis erteilt worden ist.
  • Angehörige der neuen EU-Staaten, wenn sie einen Aufenthaltstitel nach dem Aufenthalts-gesetz besitzen, der die Beschäftigung erlaubt.

Darüber hinaus entfällt für bestimmte Tätigkeiten, die zustimmungsfrei ausgeübt werden dürfen, die Arbeitsmarktprüfung:

  • Praktikum im Rahmen einer Ausbildung oder eines Studiums in Deutschland.
  • Tätigkeit als Hochqualifizierter (z. B. Wissenschaftler, Lehrpersonen oder wissenschaftliche Mitarbeiter in herausgehobener Position, Spezialisten und leitende Angestellte mit besonderer Berufserfahrung.
  • Führungskräfte.
  • Wissenschaftler, Forscher, Lehrer öffentlicher Schulen.
  • Beschäftigungen im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen oder Ökologischen Jahres oder europäischer Freiwilligendienste bzw. karitative oder religiöse Beschäftigungen.
  • Ferienbeschäftigungen.
  • Daneben sieht die Beschäftigungsverordnung zustimmungsfreie Tätigkeiten in einigen anderen, teils sehr speziellen Bereichen vor (etwa für Mannequins, Dressmen, Künstler, Berufssportler).

Rechtsweg

Eine Arbeitserlaubnis EU muss direkt bei der Agentur für Arbeit beantragt werden – nicht bei der Ausländerbehörde! Die Agentur für Arbeit ist verpflichtet, auf Verlangen einen schriftlichen Bescheid mit Begründung zu erstellen.

Gegen diesen Bescheid kann ein Widerspruch eingelegt werden. Hierfür besteht normalerweise eine Frist von einem Monat. Wenn auch der Widerspruch negativ beschieden wurde, kann vor Gericht Klage eingelegt werden.

Eine Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Arbeitserlaubnis muss beim Sozialgericht eingereicht werden. Falls eine konkrete Arbeitsstelle verloren zu gehen droht, weil eine Arbeits-erlaubnis abgelehnt oder nicht verlängert worden ist, oder deshalb eine konkret angebotene Stelle nicht angetreten werden kann, kann auch bereits vorher ein Eilantrag gestellt werden, damit das Gericht schnell entscheidet.