Probleme in der Praxis

Das Arbeitsgenehmigungsrecht für Ausländer (sowohl für Drittstaatsangehörige als auch neue EU-Bürger) gleicht einem Dschungel aus Gesetzen, Verordnungen, Richtlinien, Verwaltungs-vorschriften und Durchführungsanweisungen. Zudem sind die Schnittstellen zwischen Ausländerrecht und Sozialrecht oftmals nicht miteinander synchronisiert. Den Durchblick durch die unterschiedlichen Ansprüche, Ausschlüsse, Ausnahmen und Rückausnahmen zu behalten ist nicht nur für die Betroffenen selbst nahezu unmöglich, sondern fällt auch den Beteiligten in Ausländer-ämtern und Arbeitsverwaltung nicht immer leicht.

Ausschluss von Leistungen nach SGB II

Durch bestimmte Vorschriften wird die Integration in den Arbeitsmarkt erschwert. Als Beispiel sei der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II genannt, das als ein Hauptziel die Eingliederung in den Arbeitsmarkt benennt.
Ausländer mit bestimmten Aufenthaltspapieren sind jedoch aufgrund ihres Status’ von diesen Leistungen ausgeschlossen. Dies gilt etwa für:

  • Personen, die leistungsberechtigt sind nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Dieser Ausschluss betrifft vor allem Drittstaatsangehörige mit Duldung, Aufenthaltsgestattung sowie einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Trotz eines oftmals langjährigen Aufenthalts besteht kein Zugang zu den Integrationsleistungen des SGB II – und das AsylbLG sieht keine Leistungen zur Arbeitsmarktintegration vor. Leistungen des SGB III können zwar in Anspruch genommen werden, dies ist den Betroffenen aber oftmals nicht bekannt. Auch gibt es bei den Sachbearbeitern unterschiedliche Wissensstände, so dass zuweilen Überzeugungsarbeit erforderlich ist. Eine solche Erschwernis der Arbeitsmarktintegration ist integrationspolitisch nicht sinnvoll.

Darüber hinaus sind ausgeschlossen:

  • Ausländer, die nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind, innerhalb der ersten drei Monate ihres Aufenthalts (in diesen Fällen kann allerdings ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII bestehen), sowie Ausländer, die ein Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeits-suche besitzen.

Dieser Ausschluss betrifft nahezu ausschließlich EU-Bürger, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen. Er ist jedoch europarechtlich umstritten und widerspricht zumindest für die alten EU-Bürger wohl dem Europäischen Fürsorgeabkommen.

Als ein weiteres Problem erweist sich die Voraussetzung der „Erwerbsfähigkeit“ im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II für einen Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende: Obwohl der Wortlaut des Gesetzes (gedeckt durch die Gesetzesbegründung) die Voraussetzung der Erwerbsfähigkeit als erfüllt ansieht, wenn die „Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte“, sehen sozialgerichtliche Entscheidungen im Falle eines nachrangigen Arbeitsmarktzugangs dies anders. In diesen Fällen sei keine Erwerbsfähigkeit gegeben, da hierfür auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit, eine Arbeitserlaubnis erhalten zu können, geprüft werden müsse. Diese restriktive Beurteilung widerspricht der ausdrücklichen Position der Bundesagentur für Arbeit.

Schlussfolgerungen

In den vergangenen Jahren ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für einige Gruppen (u. a. für Geduldete) schrittweise verbessert worden. Dennoch bestehen weiterhin Unklarheiten im Arbeitsgenehmi-gungs-recht. Aus diesem Grund sieht der Verfasser folgenden Handlungsbedarf:

  • Personen mit Aufenthaltserlaubnis aus humanitären oder familiären Gründen sollten unabhängig von der Aufenthaltsdauer einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang erhalten.
  • Arbeitsverbote und Beschränkungen des Arbeitsmarktzugangs für Geduldete und Personen mit Aufenthaltsgestattung sollten abgeschafft werden, jedenfalls nach einer Gesamtaufenthaltsdauer von mehr als einem Jahr.
  • Zudem sollte die BeschVerfV dahingehend geändert werden, dass eine Beteiligung der Arbeits-agenturen in solchen Verfahren, in denen gar keine Prüfung des Arbeitsmarktes und der Arbeits-bedingungen stattfindet, nicht mehr erforderlich ist. Dies trägt zur Verwaltungs-vereinfachung und zur Beschleunigung des Verfahrens bei. Ausländerbehörden sollten in diesen Fällen grundsätzlich auch ohne konkretes Arbeitsplatzangebot und ohne Antrag die Beschäftigungserlaubnis erteilen.
  • Ferner ist zu gewährleisten, dass keine irreführenden Nebenbestimmungen verwendet werden, wie dies gegenwärtig unter Umständen der Fall ist: Gelegentlich findet sich in der Aufenthaltserlaubnis oder Duldung der Vermerk „Beschäftigung nicht gestattet“, weil noch kein Antrag auf Beschäftigungserlaubnis gestellt worden ist, obwohl rechtlich keine Beschäftigungshindernisse bestehen. Dies ist irreführend sowohl für Betroffene als auch für potenzielle Arbeitgeber und Behörden und sollte vermieden werden.

Über die konkreten Änderungen des Arbeitserlaubnisrechts hinaus sieht der Verfasser auch in angrenzenden Rechtsfeldern Handlungsbedarf:

  • Auf Wohnsitzauflagen für humanitäre Aufenthaltserlaubnisse sollte generell verzichtet werden, da diese die Integration in den Arbeitsmarkt verhindern.
  • Die räumliche Beschränkung für Personen mit Duldung und Aufenthaltsgestattung (Residenzpflicht) sollte aus dem gleichen Grund abgeschafft werden.
  • Ausländer mit Zugang zum Arbeitsmarkt sollten anstelle von Leistungen nach AsylbLG oder SGB XII grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II erhalten, um die Arbeits-marktintegration zu fördern.
  • Ausbildungsförderung nach BAföG und Berufsausbildungsbeihilfe nach SGB III für Personen mit Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3, Abs. 4 S. 2 oder Abs. 5 AufenthG sollte bereits vor einer Aufenthaltsdauer von vier Jahren beansprucht werden können.
  • Geduldete sollten einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe auch für berufsvorbereitende Bildungs-maßnahmen erhalten.
  • Personen mit Aufenthaltsgestattung sollten bei der Ausbildungsförderung Geduldeten gleichgestellt werden.
  • Bei Aufnahme einer Berufsausbildung sollten Geduldete hierfür eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
  • Spezielle Förderprogramme für die Integration von Flüchtlingen und MigrantInnen in den Arbeits-markt sollten fortgeführt und ausgebaut werden.